28.06.2007

Bericht: Wie die Dinge ins Museum kommen


28.06.07, 18.00 Uhr

Eingangs erläutert Margot Schindler die historischen Bezüge der Sammlung. Es geht dabei um die Protagonisten aus den Anfängen des Museums, um die Förderer und die Sammlungsumwelt zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Michaela Haibl, Institut für europäische Ethnologie Wien, arbeitet sich im Anschluss durch die Bedeutungsebenen der Dinge und zieht ein Beispiel aus der Ausstellung „Ansammlung/Andenken“ im Jahr 2005 heran. Zur Finissage wurden Reste der Ansammlung verlost, sie selbst erhielt eine Mokkakanne aus Aluminium. Haibl verweist auf das Rollenspiel der Dinge, die im Verlauf ihrer Daseinszeit jeweils variablen Deutungsschicksalen folgen. Sie skizziert das Aufladungspotential eines Alltagsgegenstandes anhand von Bedeutungszyklen – also Lebensphasen eines Objekts.
In dem Fall hat die Besitzerin beschlossen, einen Gebrauchsgegenstand daraus zu machen – sie kocht Kaffee damit. Es handelt sich gewissermaßen um ein gerettetes Objekt, denn es befindet sich in seiner eigentlichen Widmungsumgebung. Wo liegt seine Zukunft?

Die Moderatorin, Katerina Kratzmann, ebenfalls Institut für Europäische Ethnologie, spricht in diesem Zusammenhang vom „social life of things“.

Margot Schindler bringt im Anschluss eine Auswahl von Sammlungszugängen auf die Leinwand. Sie zeigt auf die Bewegung der Dinge in das Museum.
Dabei kommt sie auch auf die Entscheidungsmacht bei der Auswahl von Sammlungsgegenständen zu sprechen. Wer entscheidet in der Institution, was angenommen wird oder nicht.
Michaela Haibl merkt an, dass bei der Auswahl der Dinge jetzt viel Aufmerksamkeit auf Kontexte gelegt wird, was aber in den Ausstellungsräumen keinen Niederschlag findet.
Matthias Beitl

museum_inside_out: heute frisch


Donnerstag 28. Juni 2007, 18.00 Uhr
Arbeit am Gedächtnis

Wie die Dinge ins Museum kommen
Margot Schindler im Gespräch mit Michaela Haibl
Moderation: Katerina Kratzmann

Ein Museum lebt vom Sammeln. Dieses organisierte Sammeln unterliegt historischen Bedingungen, persönlichen Interessenslagen, Moden, Zeitströmungen und – sind Sammlungen erst einmal definiert – auch einer gewissen Macht des Faktischen. Wie kommen die Dinge ins Museum? Werden sie geschenkt, gekauft, werden sie aktiv gesucht, finden sie „von selbst“ den Weg ins Museum? Sammelstrategien sind vielfältig und werden in der Gegenwart vermehrt diskutiert.

HERSTELLUNG VON STOFFDRUCKMODEL AUS MESSING

Bei Messingmodel bilden Stifte und Formen aus Messing die erhabenen, Muster tragenden Teile. Diese werden aus Messingdraht unter Zuhilfenahme von härteren Stahlformen gezogen und vor der Weiterverarbeitung abgeschnitten und abgeschliffen. Der hölzerne Trägerblock muss mit einem Formeisen vorgestochen werden, bevor man die Messingteile einschlägt. Ein Werkzeugsatz eines Formstechers enthält 60 bis 70 verschiedene Formeisen.

Messingmodel sind langlebiger als reine Holzmodel, da sich Messing beim Drucken kaum abnützt. Wenn Stifte oder Formen durch das oftmalige Auswaschen der Model locker werden und ausfallen, kann man diese Schäden leicht ausbessern.

Der Beruf der Formstecher war hoch qualifiziert, anerkannt und gut bezahlt. Die Lehrzeit betrug 5 Jahre, die Wanderjahre führten die Gesellen bis nach London und Paris. Von ihren Reisen brachten sie nicht nur Ideen für moderne Dessins mit, sondern auch neue politische Ansätze. Als hoch spezialisierte und somit relativ unkündbare Arbeiter waren sie sehr selbstbewusst und in größeren Manufakturen meist auch politisch aktiv.

HERSTELLUNG VON STOFFDRUCKMODEL AUS HOLZ


Ein Druckmodel besteht meist aus mehreren Schichten Holz: Birnbaum, Ahorn oder Buchsbaum bilden die Trägerschicht. Für die zweite bis vierte Schicht wird weiches Holz verwendet, z.B. Tanne, was die Herstellung billiger macht. Das Holz wird um 90° versetzt verleimt, um ein Verziehen durch das häufige Auswaschen zu verhindern.

Um ein Dessin auf den Holzblock zu übertragen, wird es auf Gelatinefolie geritzt und mit Ruß abgerieben. Die musterbildenden Teile werden farbig ausgemalt, sie bleiben beim fertigen Model als Erhöhungen erhalten und nehmen die Farbe auf. Darum heißt dieses Druckverfahren auch Hochdruck.

Die Flächen zwischen den Motiven werden aus dem Holz herausgestemmt und -geschnitzt - "die Farbe wird gestochen". Dazu verwenden die Formenstecher Hohleisen, Stichel und Messer. Durch zusätzliches Einschlagen von Blechstreifen oder Metallstiften wird eine feinere Musterung möglich.

Um ein exaktes Aneinanderdrucken der Rapporte zu gewährleisten, werden an den Ecken der Model kleine Pass- oder Rapportstifte aus Messing gesetzt. Sie hinterlassen auf dem Stoff kleine Punkte, an denen der Model beim Weiterrücken angesetzt werden kann.

museum_inside_out

Arbeit am Gedächtnis
Ein Diskurs- und Ausstellungsprojekt

Ab 15. Juni können Sie im Österreichischen Museum für Volkskunde Museumsarbeit an drei Tagen pro Woche live erleben. Tausende Objekte aus den verschiedenen Sammlungen des Hauses wandern durch Regale, über Tische, durch die Hände der MitarbeiterInnen. Sie werden registriert, kontrolliert, digitalisiert, bewertet und befragt. Fast der ganze Museumspersonal arbeitet in den Ausstellungsräumen. Der Arbeitsfluss verändert die Präsentation jeden Tag, ständig gibt es etwas Neues zu sehen.

Die Arbeit mit dem vielfältigen Material eines kulturhistorischen Museums bildet den Schwerpunkt dieses Projekts.

Der Prozess selbst hat experimentellen Charakter, nur einige grundlegende Vorgangsweisen sind festgelegt, das Enddatum ist offen. Das Österreichische Museum für Volkskunde spielt in dieser Werkstattsituation mit den herkömmlichen Strukturen und Inhalten des Museum. Sie werden durchbrochen, um einen Diskurs zu etablieren, der nicht nur von ExpertInnen geführt wird, sondern besonders auf das Mitwirken der BesucherInnen aufbaut. Da, wo viele Dinge uninszeniert zu sehen sind, lassen sich Fragen nach deren Bedeutung, Aktualität und Wahrnehmung leichter stellen. Das Museum selbst möchte diesen Dialog für seine inhaltlichen, programmatischen und organisatorischen Perspektiven nützen. Nicht zuletzt agiert dieses Museum mit seinen (geringen) Ressourcen zwischen den Bedürfnissen einer rund 200.000 Inventarnummern umfassenden Sammlung und den Maßstäben der Besucherquote.

Der erste bis Anfang Oktober geplante Programmteil fokussiert auf die Museumsarbeit. Nützen Sie die vielen Angebote für immer wechselnde Einblicke in den Bauch des Museums. Stellen Sie ihre Fragen und hinterlassen Sie Ihre Statements! Wir freuen uns auf Sie.

museum_inside_out

Memory work

A Discourse and an Exhibit: A Project

Starting on June 15th, you will be able to experience the Austrian Museum of Folk Life and Folk Art a different way. On three days during the week, you will have the opportunity to see the museum itself at work, live. Thousands of objects from the various collections housed at the museum will move onto shelves, over tables, and through the hands of the museum's employees. These items will be registered, checked, digitized, evaluated and questioned. Almost the entire personnel of the museum will be at work in the exhibition rooms. The workflow itself dictates that what you see will change and be fresh every day. The emphasis of this project is not on objects themselves but on the many ways a cultural museum works with its varied materiel.

The project itself is experimental, and the process open. Only a few basic procedures have been fixed, and even the closing date for this exhibit is not determined. In this workshop-style approach, the Austrian Museum of Folk Life and Folk Art plays with the conventional structures and content of museums generally, and with its own conventions. We want to break through the conventions to start a dialogue about the museum that is not just conducted by experts but also in collaboration with visitors. In spaces and places where objects can be seen without benefit of specific settings or pre-ordained interpretations, it is easier to ask questions about their meaning, or their topicality, or even how one perceives them. The museum itself would like to build on this dialogue for its own future, whether in terms of exhibit contents, programmatic plans, or organizational mandates.

The museum has limited resources. Yet it holds collections that contain, overall, at least 200,000 objects - with their own demands, say, in terms of conservation - and at the same time must also satisfy, enlighten and enrich its visitors. The work in and of the museum, displayed until early October, is the first part.

Use this opportunity to gain ever-changing insights into the museum. Peer behind its curtains! Ask questions, please, of the museum. And pose questions to those who work in the museum. Write down your suggestions and questions. Give us feedback. Communicate! We welcome your visit. We welcome your insights.